Samstag, 10. Mai 2008

Zum Zweiten

Meine Lieben

Nach einer Hochzeit am Dienstag stand heute eine Beerdigung auf dem Programm. Sen Hoa ist unsere General Managerin in Vietnam. Ihr Vater starb 83-jährig in der Nacht von Montag auf Dienstag. Naütrlich war Sen Hoa den Rest der Woche nicht mehr im Büro. Donnerstag und Freitag war dann das Office ganz zu. Ich war also ein bisschen auf mich gestellt.

Um nicht ganz alleine zu sein, habe ich am Freitag morgen Xing (Netzwerkplattform im Internet) konsultiert und mal geschaut, was denn beim Suchkriterium Hanoi rauskommt. Zum Lunch hatte ich schon eine Verabredung mit einem Deutschen Anwalt, der auch seit Kurzem hier arbeitet.

Heute Morgen um 10 Uhr war die Beerdigung angesetzt. Respektive die Zeremonie dazu. Trotz des traurigen Umstandes, war es für mich natürlich höchst spannend, dabei zu sein. Dutzende von kleineren und grösseren Gruppen warteten draussen unter einem Zelt, um per Mikrophon aufgerufen zu werden und entweder einen Blumenkranz oder eine Fahne hereinzutragen. Ich war mit den Vertretern von Ringier an der Reihe. Der CFO von Ringier Asisa Pacific, der zwar in China arbeitet aber aus Hanoi kommt und auch seine Familie hier hat, führte uns an. Wir traten in eine grosse Halle und mussten vor einer kleinen Treppe warten, bis der Fotograph uns geknipst hatte. Dann legten wir unsere Gaben nieder. Ich habe eine Kondolenzkarte mit ein wenig Geld abgegeben. Dieser Brauch aus ländlichen Gegenden in der Schweiz hat sich übrigens als goldrichtig erwiesen, wie man mir später sagte.
Dann gings zum Sarg, der auf Höhe des Gesichtes ein kleines Fenster hatte. Ich habe aber nicht reingeschaut, nur so getan als ob, sonst kriege ich noch Alpträume. Nun kam der heftige Part, die ganze Familie stand da weinend in einer Reihe und ich habe versucht möglichst angebracht mein Beileid auszudrücken. Ich glaube Sen Hoa hat sich "gefreut", dass ich da war.

Unser Asia Pacific CFO hat mich anschliessend zu sich nach Hause zum Essen eingeladen. Er, seine Frau und die beiden kleinen Jungs wohnen ca. 8 Kilometer ausserhalb von Hanoi (also vom Zentrum). Tausend Tode bin ich gestorben hinten auf dem Roller. Ein paar Minuten in der Stadt zu fahren geht ja, aber über 20 Minuten und alle zwei Sekunden den sicheren Tod vor Augen. Phuu hab ich geschwitzt. Sein Kommentar war: today is not the day (gemeint war der Tag zum Sterben). Aber ich hätte ganz schön was verpasst, wenn ich das nicht auf mich genommen hätte. Einen herzlichen Empfang in Mitten von Familie und Freunden. Ein halbes Dutzend Kinder, die mich neugierig beäugten und anfassen wollten. Das Essen war hervorragend und ich habe mich sehr wohl gefühlt. Alle gaben sich Mühe, ab und zu Englisch mit mir zu sprechen.

Übrigens werde ich immer sofort darauf angsprochen, ob ich verheiratet sei. Wenn dann rauskommt, das ich 30 Jahre alt und weder verheiratet bin noch Kinder habe, ernte ich regelmässig mitleidige Blicke. Ich schaue dann einfach mitleidig zurück auf all die 21-jährigen, die schon unter der Haube sind.

Auf dem Weg habe ich auch noch ein paar interessante open-air Metzgereien gesehen. Mitten auf der Strasse frisches Fleisch bei knapp 30 Grad anzubieten finde ich irgendwie mutig ;-) Hund und Schlange hat mir aber noch keiner aufgetischt - das kommt sicher noch!

Ich freue mich jetzt aber auf nächste Woche, wenns richtig los geht mit Arbeit, so "on hold" zu sein gleich die ersten paar Tage war doch etwas mühsam.

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